Die Deutsche Bundesbank will sich in einem Forschungsprojekt mit ihrer Geschichte der Jahre 1923 bis 1969 befassen. Das auf vier Jahre angelegte und rund drei Millionen teure Projekt wird von den Historikern Albrecht Ritschl von der London School of Economics sowie Magnus Brechtken vom Münchener Institut für Zeitgeschichte federführend betreut. Späterer Bundesbank-Präsident bat um "Judenwohnungen" …
Die Deutsche Bundesbank will sich in einem Forschungsprojekt mit ihrer Geschichte der Jahre 1923 bis 1969 befassen. Das auf vier Jahre angelegte und rund drei Millionen teure Projekt wird von den Historikern Albrecht Ritschl von der London School of Economics sowie Magnus Brechtken vom Münchener Institut für Zeitgeschichte federführend betreut.
Späterer Bundesbank-Präsident bat um „Judenwohnungen“
Ein besonderer Fokus soll dabei auf der Rolle der Reichsbank im Nationalsozialismus liegen, so die Bundesbank in einer Mitteilung. Zwar gebe es zu diesem Themenkomplex bereits einzelne Studien, eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung habe bislang jedoch nicht stattgefunden. Ein Schwerpunkt neben regionalen Forschungen zu Aktivitäten der Reichsbank in Griechenland, Frankreich und Polen während der Eroberungsfeldzüge des Zweiten Weltkriegs wird sich den ehemaligen Präsidenten des Instituts Wilhelm Vocke und Karl Blessing widmen.
Über Blessings Aktivitäten im Dritten Reich war bisher nur bekannt, dass er sich 1939 zusammen mit weiteren Direktoren der Reichsbank gegen die Finanzierung von Rüstungsausgaben mit der Notenpresse aussprach und daraufhin seinen Hut nehmen musste. Wie ein jetzt von Brechtken vorgelegter Brief beweist, schrieb Blessing später aber in seiner Rolle als Vorstandsmitglied der Kontinentalen Öl AG 1941 an Albert Speer und bat um die Zuteilung sogenannter „Judenwohnungen“ für Mitarbeiter seiner Institution.
Stabilitätsorientierung nur auf Druck aus dem Ausland
In einem neuen Licht könnten nach Abschluss des Forschungsprojekts aber nicht nur einzelne Führungspersönlichkeiten, sondern auch das Institut selbst erscheinen. So sei die weltweit geachtete Stabilitätsorientierung der Deutschen Bundesbank keineswegs freiwillig zustande gekommen, wie Historiker Ritschl ausführt. Vielmehr habe es in den 1950er-Jahren in der Bank deutscher Länder, der unmittelbaren Vorgängerin der Bundesbank, zwei gegnerische Lager gegeben.
Unter dem Eindruck eines massiven Leistungsbilanzdefizits habe das eine Lager eine Rückkehr zu Beschränkungen des Devisenverkehrs gefordert, während das andere Lager für Zinserhöhungen und damit eine Einschränkung der Kreditvergabe plädierte. Nur durch massiven Druck aus dem Ausland habe sich letztlich die zweite Denkschule durchgesetzt.