Mit großer Spannung war seit Wochen der Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zu den Bilanzen des Zahlungsdienstleisters Wirecard erwartet worden. Doch auch nach Vorlage des Berichts am Dienstag bleiben viele Fragen offen. Doch das ist noch nicht alles: Nach Angaben von KPMG fehlen wichtige Unterlagen. So konnte beispielsweise bei Zahlungen auf Treuhänderkonten in Höhe von einer …
Mit großer Spannung war seit Wochen der Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zu den Bilanzen des Zahlungsdienstleisters Wirecard erwartet worden. Doch auch nach Vorlage des Berichts am Dienstag bleiben viele Fragen offen. Doch das ist noch nicht alles: Nach Angaben von KPMG fehlen wichtige Unterlagen. So konnte beispielsweise bei Zahlungen auf Treuhänderkonten in Höhe von einer Milliarde Euro nicht nachgewiesen werden, ob diese tatsächlich von Wirecard-Geschäftspartnern stammten. Die Wirtschaftsprüfer sprachen hier von einem „Untersuchungshemmnis“. In der Folge stürzte die Wirecard-Aktie kurzfristig um mehr als 20 Prozent ab.
Wirecard: Umsätze und Kundenbeziehungen sind echt
Man könne zur Höhe und zur Existenz der Umsätze aus kritisierten Drittpartnergeschäften im untersuchten Zeitraum von 2016 bis 2018 keine Aussage treffen, so KPMG. Somit bleibt offen, ob es diese Umsätze gibt und ob sie korrekt sind. Wirecard wies jegliche Berichte zurück, dass die Umsätze und Kundenbeziehungen manipuliert seien. Vorstandschef Markus Braun hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die bilanzierten Umsätze und Kundenbeziehungen aus diesen Geschäften mit Drittpartnern identisch seien.
Der DAX-Konzern wickelt in Ländern, in denen Wirecard keine eigenen Lizenzen dafür besitzt, Transaktionsvolumina über Drittpartner ab. An der Transparenz rund um diese Geschäfte gibt es immer wieder Kritik. So werfen seit Jahren Anleger, Börsenexperten oder Medien wie die „Financial Times“ Wirecard vor, Umsätze zu erfinden, mit nicht existenten Geschäftspartnern zu operieren oder Konkurrenten zu erwerben, hinter denen dubiose Adressen stecken. Wirecard selbst hatte zur Entkräftung dieser Vorwürfe im Oktober vergangenen Jahres die Wirtschaftsprüfer von KPMG mit einem Sondergutachten beauftragt.
Bilanzpressekonferenz wird verschoben
Darin findet sich nun zwar kein Nachweis, dass Wirecard Umsätze und Handelspartner erfindet, gut weg kommt das Unternehmen allerdings auch nicht. So heißt es, Wirecard habe monatelang die Herausgabe wichtiger Dokumente verzögert oder verweigert, Interviewtermine mit wichtigen Mitarbeitern seien mehrfach verschoben worden. Wenn man Schriftstücke geliefert habe, dann nur als Kopie. Zudem seien IT-Systemzugänge verweigert worden und einige von Wirecards wesentlichen Geschäftspartnern hätten die Herausgabe von Daten blockiert. Außerdem reichte Wirecard noch zwischen dem 17. und 24. April plötzlich Dokumente nach, wodurch sich das eigentlich schon für das erste Quartal angekündigte Gutachten erneut verzögerte.
Wirecard selbst sieht durch den Bericht die Vorwürfe entkräftet. In den vier Prüfbereichen des Berichts (Drittpartnergeschäft, Forderungsvorfinanzierung sowie Aktivitäten in Indien und Singapur) hätten sich keine substanziellen Feststellungen ergeben, die Korrekturen an den Bilanzen erforderlich gemacht hätten. Dennoch verschob das Unternehmen die eigentlich für kommenden Donnerstag (30. April) angesetzte Bilanzpressekonferenz mit der Veröffentlichung des Jahresabschlusses auf unbestimmte Zeit.