Griechenland greift im Kampf um die Gesundung seiner Staatsfinanzen zu drastischen Mitteln. Die Regierung des krisengeschüttelten Landes stellte eine Liste mit 4.152 Namen ins Internet, die Finanzminister Evangelos Venizelos auf die Bezeichnung "Liste der Schande" taufte. Zu lesen sind dort die größten Steuersünder des Landes, die dem Staat rund 15 Milliarden Euro schulden. Mit der …
Griechenland greift im Kampf um die Gesundung seiner Staatsfinanzen zu drastischen Mitteln. Die Regierung des krisengeschüttelten Landes stellte eine Liste mit 4.152 Namen ins Internet, die Finanzminister Evangelos Venizelos auf die Bezeichnung „Liste der Schande“ taufte. Zu lesen sind dort die größten Steuersünder des Landes, die dem Staat rund 15 Milliarden Euro schulden. Mit der Maßnahme soll Druck auf die säumigen Zahler aufgebaut werden, ihre Schulden zu begleichen. Ob dies jedoch passieren wird, bezweifeln Experten: Viele der Schuldner seien mittlerweile insolvent oder im Gefängnis. Bestenfalls könne der Staat noch ein Fünftel der Schulden eintreiben.
Schuldenschnitt nimmt Konturen an
Parallel dazu laufen in Athen die Verhandlungen zwischen der Regierung und dem internationalem Bankenverband IIF über den freiwilligen Schuldenschnitt privater Gläubiger. Die EU hatte als Zielmarke einen Verzicht von rund 50 Prozent gefordert, doch mittlerweile ist klar, dass der Schuldenschnitt mit rund 70 Prozent deutlich größer ausfallen soll. Die Verantwortlichen in Athen zeigen sich optimistisch, dass der „historische Deal“ klappen wird. Aber auch hier gibt es skeptische Stimmen.
70 Prozent reichten nicht aus, erklären Experten vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Griechenland brauche 80 Prozent oder besser noch mehr, damit seine Staatsfinanzen wieder gesunden könnten. Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hält den privaten Schuldenschnitt insgesamt für einen Fehler. Der Vertrauensverlust, der damit einhergehe, müsse mit extremen hohen Zinsen bei den Anlegern beglichen werden, ist der Schweizer überzeugt.
Europäische Ratingagentur schon im April?
Die Sorge um zu hohe Zinsen auf Staatsanleihen könnte dem Plan über die Gründung einer europäischen Ratingagentur zu einem unerwarteten Blitzstart verhelfen. Bislang gibt es nur drei amerikanische Agenturen, denen die Europäer jedoch subjektive Interessenpolitik vorwerfen. Um darauf antworten zu können, sollen auch bald europäische Experten die Bonität von Staaten, Banken und Unternehmen bewerten.
Die Unternehmensberatung Roland Berger erklärte, es könne schon im zweiten Quartal eine privat finanzierte, nicht gewinnorientierte Stiftung für eine solche Agentur gegründet werden. Bis Ende März würden die dazugehörigen Verträge unterzeichnet sein. 30 institutionelle Investoren hätten sich bereit erklärt, ein Stiftungskapital von insgesamt 300 Millionen Euro bereitzustellen.