Der Börsenbetreiber Hong Kong Exchanges and Clearing Limited (HKEX) hat ein Kaufangebot für die Londoner Börse abgegeben. Demnach will die Hongkonger Börse die London Stock Exchange (LSE) für 29,6 Milliarden Pfund (ca. 33 Milliarden Euro) übernehmen. Hinzu kommen zwei Milliarden Pfund an Schulden, die Hongkong ebenfalls übernehmen will. Die Offerte besteht nach Angaben des Nachrichtenportals …
Der Börsenbetreiber Hong Kong Exchanges and Clearing Limited (HKEX) hat ein Kaufangebot für die Londoner Börse abgegeben. Demnach will die Hongkonger Börse die London Stock Exchange (LSE) für 29,6 Milliarden Pfund (ca. 33 Milliarden Euro) übernehmen. Hinzu kommen zwei Milliarden Pfund an Schulden, die Hongkong ebenfalls übernehmen will. Die Offerte besteht nach Angaben des Nachrichtenportals „Bloomberg“ aus einem Bar- sowie einem Aktienanteil. Die Transaktion steht allerdings offenbar unter der Bedingung, dass die kürzlich angekündigte Übernahme des Datendienstleisters Refinitiv durch die LSE nicht zustande kommt.
Milliardenschwerer Deal müsste für Fusion abgeblasen werden
„Bloomberg“ zitierte in seiner Meldung ein Statement des Chefs der Hongkonger Börse, Charles Li: „Ein Zusammenschluss von HKEX und LSE wird den weltweiten Kapitalmarkt über Jahrzehnte neu definieren“. Eine Übernahme biete die „strategische Möglichkeit, einen der größten Handelsplätze der Welt zu schaffen“. Die Londoner Börse reagierte verhalten auf das überraschende Übernahmeangebot. Dieses sei unabgestimmt gekommen, stehe unter zahlreichen Vorbehalten und müsse nun erst einmal eingehend geprüft werden. Zudem schloss man aus, den Übernahme-Milliardendeal von Refinitiv abzublasen. Die Transaktion werde weiter verfolgt, man komme voran, so die LSE. Derzeit prüfen Kartell- und Finanzbehörden das Geschäft zwischen der Londoner Börse und den bisherigen Refinitiv-Eigentümern Blackstone und Thomson Reuter. Der Aktienkurs der LSE zog nach Bekanntwerden der Offerte hingegen um mehr als 15 Prozent an.
Ein möglicherweise bindendes Angebot muss HKEX nun bis zum 9. Oktober vorlegen. Die LSE betreibt auch die Mailänder Börse, die italienische Anleihen-Plattform MTS und die Handelsplattform Turquoise. Zudem dominiert sie mit ihrer Tochter LCH das milliardenschwere Geschäft mit der Abwicklung von Euro-Derivaten. Auch die Deutsche Börse hatte 2016 Pläne, zusammen mit der LSE einen europäischen Börsenriesen zu kreieren. Dabei kristallisierte sich vor allem die Frage nach dem Sitz der gemeinsamen Dachgesellschaft zu einem großen Streitpunkt heraus. Am Ende war es jedoch eine Auflage der europäischen Wettbewerbshüter, die die LSE nicht erfüllen wollte. Die EU-Kommission untersagte daraufhin die Fusion im Frühjahr 2017 und erklärte, dass eine Konzentration der beiden Finanzplätze „die Konkurrenz deutlich eingeschränkt“ hätte. Das Prestigeprojekt, das inklusive Rückabwicklung rund 77 Millionen Euro verschlang, wurde daraufhin beerdigt. Schon zuvor war eine Übernahme der New Yorker Börse an Brüssel gescheitert.
Deutsche Börse-Chef: „Zeit klassischer Börsenfusionen vorbei“
Sollte die Übernahme von Refinitiv durch die LSE nicht zustande kommen, wäre dies eine zweite Chance für die Deutsche Börse. Die Frankfurter hatten schon vor einiger Zeit angepeilt, Teile des Devisenhandelsgeschäfts von Refinitiv zu kaufen. Dieser Absicht machte die Offerte der LSE einen Strich durch die Rechnung. Ohnehin sei die Zeit klassischer Börsenfusionen vorbei, sagte Deutsche Börse-Chef Theodor Weimer dem „Handelsblatt“. Es gehe nun vielmehr darum, einzelne Assetklassen zu konsolidieren, beispielsweise das Geschäft mit Währungen, Daten, Anleihen und Rohstoffen. In diesen Sektoren gebe es weniger politische Befindlichkeiten als bei der Übernahme einer klassischen Börse.